Star Trek: The Journey - Essays  
 

Übersetzung

im Original "Star Wars" despots vs. "Star Trek" populists auf www.salon.com

von David Brin

aus dem Englischen von Christopher Kurtz

15.06.1999

"Star Wars"-Despoten gegen "Star Trek"-Populisten


Illustration von John Copeland

Warum geht George Lucas mit einer elitären, anti-demokratischen Agenda hausieren, die er als realitätsfremdes Spektakel tarnt?

"Es gibt wohl keine bessere Regierungsform als die Alleinherrschaft eines gutmütigen Despoten."
- George Lucas (im Interview mit der New York Times, März 1999)

Nun, ich boykottierte "Episode I: Die dunkle Bedrohung " - eine ganze Woche lang.

Was? Warum muss man den Film boykottieren? Ist "Star Wars" nicht einfach gute altmodische Sci-Fi? Ein harmloser Spaß? Für einige ist es schönes Blendwerk - die Gegegenheit, zurück in die eigenen Kindheit zu verfallen und die Erwachsenensorgen für zwei Stunden beiseite zu schieben, völlig einzutauchen in ein pompöses Universum, indem Gut und Böse leibhaftig und plakativ sind, ohne die ganzen schwierigen Abwägungen, die einem sonst den Alltag vermiesen.

Gibt es ein Problem? Gehe es mit einem Lichtschwert an! Wäre es nicht toll - wenn auch nur einmal im Leben - mit einem schnellen kleinen Jäger direkt in die Bastion des Bösewichts zu fliegen und eine Kettenreaktion in Gang zu setzen, die das ganze Übel aus seinem verdorbenen Innern heraus in die Luft sprengt, während man selbst mit Lichtgeschwindigkeit in Sicherheit rast? (Es ist in der Tat so ein netter Gedanke, dass genau das in drei von vier "Star Wars"-Streifen passiert)

Wie dem auch sei, ich verdiene einen guten Lebensunterhalt damit, Science Fiction-Romane und -Filme zu schreiben. Also habe ich doch gefälligts jedem Busfahrer seine wohlverdiente"Star Wars"-Auszeit zu gönnen, richtig?

Eines der Probleme mit der sogenannten leichten Unterhaltung heutzutage ist, dass dem Zuschauer durch all die spaßigen Spezialeffekten irgendwie der Blick für die einfachsten Aspekte verstellt wird, wie z.B. Handlung und Botschaft. Man übersieht leicht die Moral der Geschichte, die Lektionen, die der Regisseur des Films vermitteln will. Dennoch sind diese Aspekte relevant.

Es ist inzwischen gewiss, dass George Lucas eine Agenda verfolgt, eine die er sehr ernst nimmt. Nach vier "Star Wars"-Filmen sollten die Alarmglocken inzwischen selbst bei denen läuten, die sich nicht besonders um die Moral in Filmen kümmern. Wenn das Hauptmerkmal für die Unterscheidung von "guten" und "bösen" Figuren in einer Filmsaga deren Schönheit ist, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass diese Filme noch einmal genauer unter die Lupe genommen werden sollten.

Nun, welche Moralvorstellungen werden uns zwischen den Bildern untergeschoben?

  • Eliten haben ein Geburtsrecht, nach belieben zu herrschen; das gemeine Volk muss nicht mit einbezogen werden. Es darf allenfalls entscheiden, welcher Elite es folgen möchte.
  • "Gute" Eliten sollten aus dem Bauch heraus entscheiden, ohne handfeste Beweise, Argumente oder Rechenschaft ablegen zu müssen.
  • Jede beliebig große Sünde kann vergeben werden, wenn der Sünder wichtig genug ist.
  • Wahre Führer werden geboren. Dies ist genetisch bedingt. Das Recht zu Herrschen ist ererbt.
  • Berechtigte menschliche Gefühle können eine gute Person in eine böse verwandeln.

Das ist nur der Anfang einer langen Liste von "moralischen" Vorstellungen, die ständig von "Star Wars" in den Vordergrund gerückt werden. Vorstellungen, die diese Saga sehr stark von anderen wie "Star Trek" abgrenzt, die oberflächlich betrachtet ähnlich anmuten. (Wir werden weiter unten noch einen genaueren Blick auf die deutlichen Unterschiede dieser beiden Sci-Fi-Universen werfen.)

Besonders dieses ganze Nitzsche Übermenschgetue hat mich schon immer gestört: die Auffassung - und sie zieht sich durch die meisten Mythen und Legenden - dass ein guter Handlungsstrang unbedingt von Halbgöttern handeln muss, die um mehrere Größenordnungen größer, schöner und besser sind als normale Menschen. Es is eine altertümliche Tradition des Geschichtenerzählens, die auf der beständigen Geringachtung der Massen beruht - eine die mir in den Werken von A.E. Van Vogt, E.E. Smith, L. Ron Hubbard verhasst ist und wo immer man sonst Zeuge von selbstgerechten Überwesen wird, die das Schicksal von Milliarden entscheiden ohne sich jemals für deren Belange zu interessieren.

Aber mal halb lang, mag mancher sagen. Wenn ich so entschieden über diese Dinge denke, warum nur diese einwöchige Boykott? Warum gucke ich mir den jüngsten "Star Wars"-Film üerhaupt an?

Weil ich gezwungen bin zuzugeben, dass mir Märchen über Halbgötter wie allen Menschen tief zu Herzen gehen.

Homer, Superman und der Unterschied zwischen "Star Wars" und echter Science Fiction

Bevor wir mit dem spaßigen Teil anfangen, möchte ich noch einmal für einen Moment ernst werden, wenn Sie entschuldigen.

In seinem Buch "The Hero With a Thousand Faces" zeigte Joseph Campbell wie eine bestimmte, rhythmische Art des Geschichtenerzählens in fast jeder antiken und vormodernen Kultur verwendet wurde. Sie zeigte Protargonisten und Antagonisten mit bestimmten durchgängigen Motiven und Charaktereigenschaften, ein Muster, das über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg das selbe war. In diesen alten Geschichten beginnt der Held als widerwillig und zögernd, dennoch wird sein unausweichliches Heldendasein durch Zeichen und Wahrsagungen vorherbestimmt. Ihm werden finstere Warnungen und weiser Rat durch einen Mentor zu teil, er sammelt schullige doch treue Gefährten, trotzt einer Reihe immer großerer Gefahren, durchschreitet das Tal seiner eigenen Ängste und geht aus diesen Erlebnissen triumphierend hervor, um einen Gottessegen/Schatz/Sieg nachhause zu seinem ihm ergebenen Stamm/Heimatland/Volk zu bringen.

Durch die Offenlegung dieser hochgeschätzten Erzähltradition hat Joseph Campbell tatsächlich etwas Licht auf die spirituellen Eigenschaften geworfen, die offenbar alle Menschen gemein haben. Und ich bin der erste, der zugeben woird, dass es sich dabai um ein herausragenes Rezept handelt - eines, das ich schon in meinen eigenen Geschichten und Romanen verwendet habe.

Allerdings hat Campbell sich darauf beschränkt nur die positiven Eingenschaften herauszuarbeiten, wobei er völlig unterschlagen hat, dass das Ganze noch noch eine sehr viel dunklere Seite hat - so haben Könige, Priester und Tyrannten diese Vorlage mehrfach für Fabeln instrumentalisiert, um die unbeschränkten Ansprüche ihrer Elite hochzuloben, und so hoch über dem gemeine Volk standen. Oder die unausgesprochenen Ansichten, an denen wir immer festhalten müssen, wenn wir ein und die selbe Geschichte immer wieder in Variationen erzählen. Wir wiederholen immer wieder das gleiche Thema und folgen der vorgeschriebenen Handlungsvorlage Mal um Mal. Diejenigen, die Joseph Campbell hochleben lassen, finden diese Unifomität erfreulich - sie ist es aber nicht. Einen wesentlichen Anteil an der tragrischen Verschüttung unserer geistigen Fähigkeiten haben Halbgottmthen gespielt, indem sie Eintönigkeit und Unveränderlichkeit für Jahrtausende in fast allen Kulturen bestärkt haben, von Gilgamesh quer durch die Geschichte bis zu Comic-Superhelden.

Es ist wesentlich, den grundlegenden Unterschied wirklicher Science Fiction im Vergleich zu verstehen, denn diese kommt genau aus der diametral entgegengesetzten Tradition der Literatur - eine neue Art des Geschichtenerzählens, dass häufig gegen genau die Archetypen rebelliert, die Campbell vereherte. Ein aufrechter Glaube an Fortschritt, Egalitarismus´, das Miteinander - und der kleine aber nicht zu leugnende Glaube an vernünftige menschliche Institutionen.

Und eine obligatorische Infragestellung von Gesetzen! Autoren wie Greg Bear, John Brunner, Alice Sheldon, Frederik Pohl und Philip K. Dick haben immer jede Erzählmethode mit strikten Regeln als Behinderung angesehen - eine mutige Entscheidung. Das erklärt auch warum Science Fiction niemals wirklich in den beiden extremen literarischen Lagern willkommen war - dem der Comics und dem der "hohen Literatur".

Comics behandeln ihre Helden mit Ehrerbietung, wie die Halbgötter der Ilias. Echte Science Fiction Autoren dagegen würden Wissenschaftler von der Erde Superman um Blutproben bitten lassen (auch wenn das ein paar Kratzer durch einen "Superfingernagel" bedeuten würde), um die Superfähigkeiten zu untersuchen und sie vielleicht gar für die ganze Menschheit nutzbar und zugänglich zu machen.

Die literarische Elite der Postmodernisten hingegen verabscheut Science Fiction des Wortes "science", also "Wissenschaft", wegen, während ihre älteren Kollegen - durchdrungen von Aristoteles "Poetics" - in den unterschwelligen Voraussetzungen der meisten hochkarätigen Science Fiction das Gräul schlechthin sehen: die kühne Behauptung, dass es keine "ewigen menschlichen Wahrheiten" gibt. Dinge verändern sich und der Wandel kann faszinierend sein. Mehr noch, unsere Kinder könnten uns eines Tages überragen! Sie könnten besser sein als wir, aus unseren Fehlern lernen und sie nicht wiederholen. Und wenn sie nicht lernen, dass könnte eine niederschmetternde Tragödie sein, die Aristoteles Definition harmlos und kurzsichtig erscheinen lässt. "On the Beach," "Soylent Green" und "1984" loteten dies mit erschreckendem Tiefgang aus. "Brave New World," "The Screwfly Solution" und "Fahrenheit 451" haben erschreckende Fragen aufgeworfen. Im Gegensatz dazu ist "König Oedipus" ungefähr genau so spannend wie einem Fisch am Angelhaken im Eimer herumzappeln zu sehen. Man will einfach nur noch den armen verdammten König von Theben aus seinem Elend erlösen - und es seinen Folterern auf kürzestem Wege heimzahlen.

Das ist wahrlich ein völlig anderer Blickwinkel, direkt entgegengesetzt zu dem älteren elitären Kredo, das Passivität und Demut in fast jeder Kultur vorgebetet hat, in welcher der Geschichtenerzähler hauptsächlich dem Patron zu gefallen hatte, der ihn durchfütterte. Man stelle sich Achilles vor, der es ableht, seine Bestimmung zu erfüllen, sein Schwert nimmt und das Schicksal niederstreckt mit dem Anspruch ein langes und gloreiches Leben zu leben. Man male sich Odysseus aus, wie er Agamemnon und Poseidon sich einander überlässt und mit Daedalus eine Hinterhoffirma gründet, in der Fahr- und Flugmaschinen gebaut werden, so dass Sterbliche sich den Göttern gleich zu Land und Luft fortbewegen können - wie die Menschen heutzutage. Selbst wenn sie versagten und der neidige Olymp sie zerschmetterte, was für ein Märchen wäre dies.

Dieser Stil des Geschichtenerzählens war bis vor wenigen Generationen fast unbekannt, als Aristokraten etwas von ihrer Macht verloren, um Restpektlosigkeit zu ahnden. Selbst heute schient die neue Perspektive riskant - und viele meinen auch, dass ihr die Romantik fehlt. Wie viele Dramen zeigen "wansinnige" Wissenschaftler? Wie viele zeitgemäße Filme zeigen, dass amerikanisce Institutionen noch gut genug funktionieren, so dass Rettung lohnt? Kein Wunder, dass George Lucas öffentlich nach dem Pomp mächtiger Könige im Kontrast zu mittermäßig glaubwürdigen Präsidenten schmachtet. Viele teilen seinen Glauben, dass es besser um die Dinge stehen könnte, wenn all diese endlosen und ermüdenden Streitereien und Verhandlungen wegfallen könnten, die einen so großen Teil des modernen Lebens ausmachen.

Wenn nur jemand das Kommando übernehmen würde. Ein Anführer.

Der Kampf der Kulturen über den Wolken: "Star Wars" gegen "Star Trek"

Manche Menschen fragen sich, warum man in harmloser wirklichkeitsferner Unterhaltung nach einem tieferen moralischen Sinn vonsuchen sollte.

Andere halten aufrichtig dagegen, dass sich der moralische Zustabd einer Gesellschaft an ihrem öffentlichen kulturellen Leben ablesen lässt.

In der Modernen sind wir dazu übergegangen, Ideen an und für sich nicht mehr als gefährlich anzusehen. Dennoch kann wohl niemand abstreiten, dass Menschen - besonders Kinder - beeinflussbar sind, wenn man Ihnen eine Botschaft nur oft genug unterschiebt. Genau dann, wenn eine "Lektion" ununterbrochen wiederholt wird, sollten auch zurückhaltende Beobachter aufstehen und sich damit befassen.

Die moralischen Botschaften von "Star Wars" sind nicht bloße Dekoration. Jeder Film ist von Reden und Belehrungen durchtränkt. Sie stehen für eine Agenda.

Vieleicht können wir mehr über die Weltsicht von "Star Wars" erfahren, wenn wir uns die direkte Konkurrenz von George Lucas' Weltraumepos ansehen - "Star Trek".

Die Unterschiede scheinen zunächst nur öberflächlich zu sein. Eine Saga ist um ein Luftwaffen-Thema (mit kleinen Kampfjägern) gestrickt, die andere um eine Marine-Version. In "Star Trek" ist das große Schiff heldenhaft und die gemeinschaftlichen Anstrengungen, um es zu führen, werden als ehrenhafte Taten dargestellt. Tatsächlich betrachtet "Star Trek" Technologie als etwas nützliches und essenziell gutartiges - wenn auch zuweilen als gefährlich. Erziehung ist die Befreiung der kleinen Leute (z.B. die Starnenflottenakademie). Die Institutionen der Zukunft sind im wesentlichen gutartig (die Föderation), obwohl man natürlich gelegentliche Ausbrüche von Unfähigkeit oder Korruption bekämpfen muss. Professionalismus wird hochgeschätzt, auch die Personen jenseits des Rampenlichts können einen entscheidenden Betrag leisten und Mitglieder von Organisationen decken oft mutig Missstände auf - wie sie es auch heutzutage in Amerika tun.

In "Star Trek" werden Autoitäten gelegentlich in Frage gezogen, allerdings nur um besitmmte Missstände zu überwinden oder einen Widersacher in den eigenen Reihen zu entlarven. Es geht nicht darum, alle Institutionen grundsätzlich als hoffnungslose Fälle abzustempeln. Die guten Bullen kommen gelegentlich tatsächlich, wenn man Hilfe ruft. Ironischer Weise fördert diese Darstellung konstruktive Kritik gegenüber Authoritäten, da es suggeriert, dass ein jeder von uns Einfluss auf fehlerhafte Einrichtungen nehmen kann, wenn wir nur entschlossen genug sind - und vielleicht können wir gar mit den erbitterten Waffen der Demokratie in Ordnung bringen.

Dagegen haben die unterdrückten Rebellen aus "Star Wars" keinen Zugang zu Gesetz, freien Märkten, Wissenschaft oder Demokratie. Sie können nur ihre Seite in einem Krieg zwischen zwei Flügeln des selben genetisch überlegenen Herrscherhauses wählen. Sie dürfen keinen Einfluss nehmen oder Kritik üben. Als homerische Speerträger seht ihnen das nicht zu.

Um uns Zuschauer die Unterscheidung zwischen Gut und Böse zu lehren, schreibt uns Lucas vor, schlicht nach dem Aussehen zu urteilen: Die Bösen tragen Nazikluft. Sie zischen und schielen oder haben rote Augen wie in einem Ralph Bakshi-Cartoon. Auf der anderen Seite warnen die "Star Trek"-Fabeln oft davor ein Buch nach seinem Umschlag zu beurteilen - eine Botschaft, die man auch in den Filmen von Steven Spielberg findet, dessen mutigen Alltagshelden dadurch zu überzeugen wisen, indem sie genau das Gegenteil von dem tun, was man erwarten würde, und unbequeme Fragen stellen.

Vor allem zeigt "Star Trek" in der Regel Helden, die nur zehnmal so gerissen, edel und mutig sind wie normale Menschen und durch Zusammenarbeit und Witz bestehen, anstatt durch irgendeine angeborene gottähnlich übernatürliche Größe. Die Charaktere, die göttähnliche Kräfte erlangen, werden skeptisch beäugt. Mit anderen Worten, "Trek" ist ein beispielhafter amerikanischer Traum, der für den Geist der menschlichen Weiterentwicklung und des Fortschritts für alle eintritt. Gene Roddenrberrys Zukunftsvision liebt Helden, aber sie bricht mit der elitären Tradition von Prinzen und Zauberern, die ihre Herrschaft aus göttlichem oder msytischem Recht ableiten.

Im deutlichen Gegensatz dazu, sind letztere die einzigen Helden in "Star Wars".

Ja, "Trek" wirkt von Zeit zu Zeit belehrend oder überzogen politisch korrekt. Zum Beispiel muss einfach jede Spezies mit jeder anderen verkuppelt werden, sich mit völliger Hingabe aufopferungsvoll kreuzen. Die einzigen männlichen Heden, die legitimer weise Testosteron zur Schau stellen dürfen sind Klingonen, weil kulturelle Unterschiede wichtiger genommen werden als Geschlechtergerechtigkeit. (Mit anderen Worten: Sie dürfen Machos sein, weil das ihre "Lebensweise" ist.) Die Folgen der "Star Trek"-Serien entwickeln sich oft in Seifenopern. Viele Filme sind schlecht geschrieben. Dennoch setzt sich "Trek" mit den wirklich wichtigen Themen auseinander, gibt den Widersacher Tiefgang und wirft schwierige Fragen über Abgründe auf, die wir auf dem langsamen Vorwärtstasten in die Zukunft zu überwinden haben. Nun, falls es darum ginge, das Schicksal der Menschheit festzulegen, wo würde man wohl als normaler Bürger und eben nicht als Halbgott lieber leben wollen? In Roddenberrys Föderation? Oder Lucas' Imperium?

Lucas verteidigt seine elitäre Sichtweise gegenüber der New York Times: "Das ist eigentlich der Grund, warum ich sage, dass ein gütiger Despot der ideale Herrscher ist. Er kann die Dinge wirklich anpacken und voranbringen. Die Vorstellung, dass Macht korrumpiert ist richtig, und nur ein wirklich großer Mensch kann darüberstehen."

Mit anderen Worten eine königliche Person oder ein Halbgott, bestimmt durch das Schicksal. (Wie ein milliardenschwerer Filmemacher?)

Lucas behauptet oft, wie seien eine traurige Kultur, beraubt der Zuversicht und Inspiration, die uns ein starker Führer bieten würde. Aber sind wir denn nicht die selbe Kultur, die George Lucas erschaffen und ihm so viele Möglichkeiten offeriert hat? Die selbe Gesellschaft, die all die brillianten Experten hervorgebracht hat, die er angeworben hat - mutige kreative Köpfe die sowohl mit individuellen Leistungen als auch gemeinschaftlichen Fähigkeiten zu seinen Filmen beigetracgen haben? Eine Kultur, die dem alten homogenisierenden Trieb trotzt, indem sie Exzentrismus mit einem unstillbaren Hunger nach Andersartigem verehrt, gleich ob neu oder fremd? In welcher Hinsicht kann man behaupten, dass es einer solchen Zivilisation an Zuversicht fehlt?

Als geschichtliches Faktum ist zu erwähnen, dass nicht einmal alle Despoten der Weltgeschichte zusammen in der Lage waren so "die Dinge wirklich anzupacken und voranzubringen", wie das diese wilde, selbstkritische Zivilisation freier und unabhängiger Bürger geschafft hat; Bürger, die sich endlich davon frei gemacht haben, eine herschende Klasse anzubeten, und angefangen haben, selbst zu denken. Demokratie scheint uns manchmal frustierend und schmuddeig zu sein, aber sie bringt Dinge voran.

Warum ist die Erlösung Darth Vaders gleichzusetzen mit der Begnadigung Hitlers?

Nachdem wir soweit gekommen sind, möchte ich erneut anerkennend betonen, dass "Star Wars" einem alten, sehr, sehr tief verwurzelten menschlichen Archetyp folgt. Diejenigen, die Homers Lesunsung der "ilias" am Lagerfeuer gelauscht haben, erlebten großes Drama. Achilles konnte Tausende mit der Bewegung einer Hand ermorden - genau wie Darth Vader Milliarden mit dem Drücken eines Knopfes - aber keines dieser Opfer spielte eine Rolle neben der personalisierten Saga eines auserwählten Einzelnen. Die niedergemetzelten Opfer waren bloß Mitläufer. Komparsen, ohne Familien und Hoffnungen, um die sich vor dem Zerschmettern zu sorgen nicht wert waren. Wasserträger. Nur das personenbezogene Drama des Halbgottes ist wichtig.

Dennoch protestieren einige gegen die Vergötterung von Darth Vader - geborener Anakin Skywalker - in "Die Rückkehr der Jedi".

Um das Geschehen in das rechte Licht zu Rücken, nehmen wir für einen Moment an, dass die Vereinigten Staaten und ihre Alliierten zum Ende des Zweiten Weltkrieges Adolf Hitler gefangen genommen und ihn vor ein Gericht für Kriegsverbrechen gestellt hätten. Der Ankläger braucht Monate allein um alle Greuel aufzuführen, die auf sein Geheiß verübt wurden. Dann ist Hitlers Verteidiger am Zug, der aufsteht und nur einen Satz spricht:

"Aber, Euer Ehren... Adolf hat doch das Leben seines eigenen Sohnes gerettet!"

Keuch! Der Ankläger erbleicht voller Reue. "Das haben wir nicht gewusst! Natürlich sollten alle Anklagepunkte sofort fallengelassen werden!"

Die Alliierten schmeißen daraufhin noch in den Straßen von Nürnberg eine riesen Parade für Hitler.

Das mag jetzt etwas lächerlich klingen, aber es ist genau die Moral, die "Die Rückkehr der Jedi" vermittel, als ihm alle Sünden vergeben werden, weil er das Leben seines eigenen Sohnes rettet.

Wie viele von uns haben schon bis tief in die Nacht über die philosophische Frage diskutiert - "Würdest du eine Zeitreise machen und Hitler in seiner Jugend umbringen, wenn du die Gelegenheit hättest?" - Es ist eine moralisch schwierige Frage mit vielen möglichen ethischen Antworten. Dennoch würden die meisten Menschen unabhängig von ihrer endgültigen Entscheidung zugeben, zumindest versucht zum Ja-Sagen zu sein, wenn sie auch nur eine Million seiner Opfer retten könnten.

Dennoch möchte Lucas in "Die dunkle Bedrohung", dass wir einem süßen blonden kleinen Jungen mit herzlichen Gefühlen begegnen, der als Erwachsener ein Vielfaches der Erdbevölkerung auslöschen wird? Wo wir gerade dabei sind, warum kramen wir nicht auch noch gleich das Familenalbum der Hitlers raus, damit wir uns über die Bilder vom niedlichen kleinen Adolf hermachen und seine kleinen Kindereien staunen können. Er war genau so unschuldig bis er zur "Dunklen Seite" wechselte, also bitte lasst uns ihn ohne Hemmungen knuddeln.

Zu seiner Ehrenrettung muss man sagen, dass Lucas nicht versucht, diesen makaberen Scherz mit den Worten, "Es ist dch bloß ein Film", zu entschuldigen. Stattdessen hält er seine Saga hoch wie eine qualvolle griechisches Tragödie vom Rang eines "Ödipus" - ein episches Märchen über einen gefallenen Helden, zu Sturz gebracht bei Hybris und Schicksal. Aber wenn das wahr wäre, würde "Star Wars" uns bis dato nicht eine bessere als diese karikaturistische Darstellung der Dunklen Seite liefern? Helden und Widersacher würden sich nicht am bloßen Äußeren unterscheiden lassen; die moralischen Fragen würden über denen eines Comicbuches stehen.

Das sollte man nicht so hinehmen. Die Vergöttlichung eines Massenmörders ist genau das, was es zu sein scheint. Wir sollten uns darüber Sorgen machen.

Man erinnere sich an die letzte Szene von "Die Rückkehr der Jedi", Luke starrt ins Feuer und sieht die lächelnden Obi-Wan, Yoda und Vader in den Flamen. Ich hoffe wirklich, es wäre die Jedihölle, bei all dem Kummer und Leid, das diese drei über ihre Galaxie gebracht haben, und den verdammten Lügen, die sie erzählten. Aber das bin ich. Ich bin ein Rebel gegen Homer, Achilles und die gesamte Traditon. Einige andere sind es tief in ihrem Herzen genau so.

Das ist nicht eine einmalige Unterscheidung. Es ist die eigentliche Trennlinie zwischen echter, literarischer, humanistischer Science Fiction - oder spekulativer Erzählung - und dem Hauptteil der Film-"Sci-Fi", die man heutzutage sieht.

Der Unterschied liegt nicht wirklich in der Komplexität, Ernsthaftigkeit, wissenschaftlichen Naivität oder Extravaganz der Erzählung. Ich mag eine gute Actionszene genau so wie der Kerl neben mir und Ich verzeihe gerne technischen Blödsinn, wenn die Geschichte auf ganzer Linie stimmt! Die Filme Robert Zemeckis' zeigen eine Freude an allem, angefangen bei Rock 'n' Roll bis hin zu schwierigen wissenschaftlichen Paradoxen, und befriedigen sowohl das Kind als auch den Erwachsenen in uns. Andererseits ergehen sich Filme wie "Gattaca" und "The 13th Floor" in einem Film noir Stil, während sie handfeste Ideen ausloten. Gute SF kommt aus einem breiten Spektrum.

Nein, die zugrunde liegende Unterscheidung ist die, dass eine Tradition Eliten feiert, während die andere gegen diese ankämpft. In der unverwässerten Science-Fiction werden Halbgöttern Mord und Lügen nicht leicht vergeben. Geringschätzung der Massen ist passé. Es mag Helden geben - selbst Überlebensgroße - aber auf lange Sicht werden wir uns als Menschheit nur gemeinsam entwicklen, oder gemeinsam daran scheitern. (Dazu auch mein Artikel the Enlightenment, Romanticism and science fiction. )

Diese Art von Mythos verkauft sich. Dennoch bleiben wir Kinder Perikles', Ben Franklins und H.G. Wells' nach Generationen des Kampfes gegen den homerschen Archetyp eine Minderheit. So sehr, dass Lucas sich unsere eigens Erschaffenen Mittel und Symbole - unsere geliebten Raumschiffe und Symbole - für seine eigenen Zwecke aneignen kann und den Ruhm für ihre Originalität einheimst.

Wie bereits erwähnt, druchdringt diese Mythologie der Konformität und Halbgottverehrung die hochsten Ebenen unserer heutigen Elite, und das erklärt, warum so viele postmodernernisischen Professoren für englische Literatur orginäre Schience Fiction ablehnen. Als Joseph Campbell vvorschrieb, wie Schriftsteller sich sklavisch an einen abgedroschenen Handlungsboden zu halten hatten, der für ganze Epochen Unterwürfigkeit gepredigt hatte, wurde er von Bill Moyers und zahllosen anderen für seine wärmende und verschmommene "Menschenkenntnis" gefeiert.

Tatsächlich waren seine Beobachtungen einfühlsam und erleuchtend. Dennoch wäre eine ehrliche Diskussion oder Debatte etwas nützlicher gewesen als Campbells sonniger Monolog. Genau wie in der alten Fable über einen König mit goldenem Haar, wagte niemand, auf den dunklen Schatten des hellen Führers zu weisen oder die lange Spur seiner blutigen Fußabdrücke.

Ich gebe zu, dass wir gegen den Strom schwimmen, wenn wir versuchen, mehr Menschen für eine progressivere und egalitärere Weltanschauung mit spannenden Träumen, die sich um wahrhaftige Probleme und Helden statt Halbgöttern drehen, zu gewinnen. In der Zwischenzeit kann sich Lucas gewiss sein, dass sein Mythos die menschliche Natur auf einem tiefen und altertümlichen Niveau anzusprechen weiß.

Ja, verdammt, es scheint sogar einen Teil von mir anzusprechen! Das ist auch der Grund, warum ich wusste, dass ich einknicken und "Die dunkle Bedrohung" mir ansehen würde, nachdem mein symbolischer einwöchiger Boykott ausgelaufen war. Tatsächlich muss ich zugeben, dass ich den zweiten Film der Reihe "Das Imperium schlägt zurück" geliebt habe. Trotz Yodas kitschigem Pseudozen konnt man seine Ungläubigkeit leicht im Zaum halten und abwarten, was die Jediphilophie zu sagen hatte. Millionen wurden völlig überdreht, weil sie herausfinden wollten, warum Obi-Wan und Yoda gegenüber Luke Skywalker logen, dass sich die Balken bogen. Nebenbei sprühte das Drehbuch vor Orginalität, guten Dialogen und erschreckend unwiderstehlichen Charakteren. Die Action war elektrisierend... und sogar logisch! Das gemeine Volk bekam quasi Gelegenheit so heldenhaft zu werden wie die Halbgötter. Klischés wurden vermieden und Überraschungen gab es im Überfluss. Es gab vorsichtige Andeutungen, die noch mehr Wunder in den Fortsetzungen versprachen. Es war einfach ein großartiger Film. Homersch aber großartig. Despite Yoda's kitschy pseudo-zen, one could easily suspend disbelief and wait to see what the Jedi philosophy had to say.

Nun, inzwischen sollte klar sein, was ich von der Fortsetzung halte. Aber die Verehrung für Darth Vader kratzt gerade mal an der Oberfläche. Der größte moralische Fehler im "Star Wars"-Universum ist ein Punkt, den Lucas immer wieder und wieder durch die Stimme seines allwissenden Guru-Charakter Yoda betonen lässt.

Sehen wir mal, ob ich das jetzt usammenbekomme. Angst macht dich wütend und Wut mach dich Böse, oder so?

Jetzt werde ich einräumen wollen, dass Angst ein wichtiger Grund für Intoleranz in der Weltgeschichte war. Now I'll concede at once that fear has been a major motivator of intolerance in human history. Ich kann mir ritterliche Orden vorstellen, denen die Kontrolle über Angst und Wut beigebracht wird, wie wir das in "Das Imperium schlägt zurück" gesehen haben. Selbstkontrolle ist vorteilhaft für einen Krieger und lässt ihn Fehler vermeiden. Ständiger Zorn kann das Urteilsvermögen beeinträchtigen. Diesen Teil finde ich absolut glaubhaft.

Aer in "Die Rückkehr der Jedi" greift Lucas diese alte Weishit auf und pervertiert sie, indem er sagt: "Wenn du wütend wirst - selbst angesichts von Mord und Unrecht - wirst du automatisch und augenblicklich in eine durch und durch böse Person verwandelt.! Dein Glaube und deine politischen Ansichten werden plötzlich und magisch ins Gegenteil verkehrt. Sogar Loyalität wirst du entsagen und deine Freunde können deine Wandlung nicht mehr aufhalten. Du wirst dich sofort deinem Erzfeind anschließen, entweder als enger Freund oder als Schüler. Alles nur weil du dich von seinen Taten hast wütend machen lassen."

Ups, wie war das bitte gleich? Darf ich das nochmal hören, zum Mitschreiben?

Mit anderen Worten: Wenn man wütend auf Adolf Hitler ist, wird man nach rechts außen rutschen und der NSDAP beitreten? Entschuldigung, George. Köntest du bitte ein einziges Beispiel anführen, bei dem das passiert ist? Jemals?

Diese Behauptung alleine nur zu predigen ist schon eine verflucht gefährliche Sache. Darüber hinaus ist sie schlicht und ergreifend dumm.

Das läd eine Frage zur Diskussion ein, die irgendjemand schon vor langer Zeit hätte stellen sollen. Wer zum Teufel hat George Lucas auserkoren, unseren Kindern kranke Popkornmoral zu predigen? Wenn es "nur ein Film" ist, warum macht er sich solche Mühe, seine Filme mit diesem Müll zu überfrachten?

Ich denke es ist Zeit, sich zu entscheiden. Diese Saga ist nicht bloß eine weitere Neuauflage von Homers Archetyp, die alte Hierachien von Prinzen, Zauberern und Halbgöttern hochleben lässt. Dadurch,dass "Star Wars" sich im Kern darum bemüht, einen Massenmörder zu romantisieren, ist es weit darunter gesunken. Es ist unwürdig unserer Beachtung, unseres Enthusiasmus' - oder unserer Zivilisation.

Lucas gibt sich selbst einen Hinweis, wenn er sagt: "Es war einmal vor langer Zeit in einer Galaxie weit, weit entfernt."

Richtig so. "Star Wars" gehört in unsere dunkle Vergangenheit. Eine lange tyrannische Epoche der Angst, Irrationalität, des Despotismus und der Demagogie, die unsere Vorfahren mit verzweifelten Mühen überwunden haben, und aus dem wir erst langsam mit Hilfe genau des wissenschaftlichen und egalitären Geistes beginnen hervorzutreten, den Lucas offen verabscheut. Einen Geist, den wir in unseren Kindern bestärken müssen, wenn sie überhaupt eine Chance haben sollen.

Ich erwarte kaum, diese Diskussion in absehbarer Zeit für mich zu entscheiden. Wie Joseph Campbell richtig herausgearbeitet hat, rührt das Lebensgefühl unserer Vorfahren noch immer unsere Seelen auf eine Weise an, die viele romantisch ansprechend oder sogar unwiderstehlich finden. Einige können einfach nicht von den Kindermärchen lassen und nach anspruchsvollerer Kost greifen. Jedenfalls noch nicht. Nun gut.

Aber über die lange Sicht habe ich die Geschichte auf meiner Seite. Der Lauf der Geschichte wird nämlich keinesfalls von der Vergangenheit vorgeschrieben werden. Er wird in unserer Zukunft entschieden.

Und das ist mein Zuständigkeitsbereich, obwohl es in Wharheit jedermann gehört. Uns allen.

Die Zukunft ist da, wo unsere Nachwelt gedeihen wird.

 
 

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